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Es gilt der Grundsatz «Eingliederung vor Rente»:
Die IV-Stellen prüfen den Rentenanspruch einer versicherten Person erst, wenn das Potential zur Wiedereingliederung ausgeschöpft ist und keine Aussichten mehr auf die Wiederherstellung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit bestehen. Dabei ist nicht nur die Arbeitsfähigkeit im bisherigen Beruf ausschlaggebend. Wenn diese durch gesundheitliche Probleme stark beeinträchtigt ist, muten die IV-Stellen der versicherten Person auch eine Umschulung und den Wechsel in einen neuen Aufgabenbereich zu.

Anspruch auf IV-Rente

Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung haben versicherte Personen, die aufgrund einer Beeinträchtigung ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit auch nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung ganz oder teilweise erwerbsunfähig bleiben oder sich nicht mehr in ihrem Aufgabenbereich (zum Beispiel Haushalt) betätigen können.

Seit dem 1. Januar 2022 wird der Rentenanspruch nach einem stufenlosen Rentensystem berechnet. Der Invaliditätsgrad bestimmt, auf welche Rente eine versicherte Person Anspruch hat:

Invaliditätsgrad Rentenanspruch
weniger als 40 % kein Anspruch auf IV-Rente
40 % 25 %
41 % 27.5 %
42 % 30 %
43 % 32.5 %
44 % 35 %
45 % 37.5 %
46 % 40 %
47 % 42.5 %
48 % 45 %
49 % 47.5 %
50 - 69 % Der prozentuale Anteil des Rentenanspruchs entspricht dem Invaliditätsgrad (Bsp.: Invaliditätsgrad von 54% entspricht einem Rentenanspruch von 54 %)
70 - 100 % Ganze Rente

Der Anspruch auf eine IV-Rente beginnt:

  • frühestens nach einer einjährigen Wartezeit, während der die Arbeitsunfähigkeit im Durchschnitt mindestens 40 Prozent betragen hat. Nach Ablauf dieser Frist muss weiterhin eine Erwerbsunfähigkeit in mindestens gleichem Ausmass vorliegen
  • frühestens sechs Monate nach dem Einreichen der Anmeldung bei der IV-Stelle, auch wenn die Arbeitsunfähigkeit schon länger andauert
  • frühestens in jenem Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt

Was passiert mit Renten, die vor dem 1. Januar 2022 zugesprochen wurden?

Renten, die nach dem System der Viertelsrentenstufen (¼, ½, ¾, ganze Rente) zugesprochen wurden, werden unter bestimmten Voraussetzungen in das neue stufenlose Rentensystem überführt. Voraussetzung dafür ist, dass im Rahmen einer Rentenrevision der Invaliditätsgrad um mindestens fünf Prozentpunkte ändert. Die Rente einer versicherten Person, die am 1. Januar 2022 das 55. Altersjahr zurückgelegt hat, wird nicht mehr ins stufenlose Rentensystem überführt. Renten von Personen unter 30 Jahren werden spätestens innerhalb von zehn Jahren, d.h. bis Ende 2031, in stufenlose Rentensystem überführt. Vorausgesetzt, sie sind in der Zwischenzeit nicht bereits im Rahmen einer ordentlichen Revision angepasst worden.

Bemessung des Invaliditätsgrades

Um den Grad der Invalidität zu bestimmen, unterscheiden die IV-Stellen zwischen

  • Erwerbstätigen
  • Nichterwerbstätigen
  • teilweise Erwerbstätigen

Bei Erwerbstätigen bemessen die IV-Stellen den Invaliditätsgrad mit einem Einkommensvergleich. Sie ermitteln dabei zuerst das Erwerbseinkommen, das ohne den Gesundheitsschaden erzielt werden könnte. Davon ziehen sie das Erwerbseinkommen ab, das nach der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen auf zumutbare Weise erreicht werden könnte. Ob dieses Einkommen tatsächlich erzielt wird, spielt keine Rolle. Daraus ergibt sich die so genannte invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse. Drückt man diese in Prozenten aus, erhält man den Invaliditätsgrad.

Für die Bemessung des Invaliditätsgrads ist ausschliesslich die Erwerbsunfähigkeit massgebend und nicht die Arbeitsunfähigkeit. Erwerbsunfähig ist, wer aufgrund des Gesundheitsschadens auf dem gesamten in Betracht kommenden Arbeitsmarkt keine Erwerbsarbeit mehr ausüben kann. Der Grad der Erwerbsunfähigkeit wird von der IV-Stelle festgelegt. Im Gegensatz dazu bedeutet arbeitsunfähig, dass die versicherte Person aufgrund des Gesundheitsschadens im bisherigen Beruf oder im bisherigen Aufgabenbereich nicht mehr tätig sein kann. Der Grad der Arbeitsunfähigkeit wird durch den Arzt festgelegt.

Bei Nichterwerbstätigen bemessen die IV-Stellen den Invaliditätsgrad mit einem Betätigungsvergleich: Fachleute der IV-Stelle klären an Ort und Stelle ab, wie stark sich die Behinderung im bisherigen Aufgabenbereich, also zum Beispiel im Haushalt, auswirkt.

Bei teilweise Erwerbstätigen bemessen die IV-Stellen den Invaliditätsgrad entsprechend der Behinderung in beiden Bereichen: im Erwerbsleben (Erwerbseinbusse) und im bisherigen Aufgabenbereich (Betätigungsvergleich).

Beispiel

Eine versicherte Person muss wegen eines Rückenleidens den Beruf aufgeben. Sie kann zwar noch leichtere Arbeiten verrichten, verdient dabei aber wesentlich weniger. Der Invaliditätsgrad wird in ihrem Fall folgendermassen berechnet:

Einkommen aus der bisherigen Tätigkeit Fr. 60'000.-
Zumutbares Einkommen bei leichter Arbeit Fr. 20'000.-
Erwerbsausfall Fr. 40'000.-

40'000 Franken entspricht 67 Prozent (gerundet) von 60'000 Franken. Somit liegt der Invaliditätsgrad bei 67 Prozent. Die versicherte Person hat somit Anspruch auf 67 % einer ganzen Rente der Invalidenversicherung.

Berechnung der Rentenhöhe

Ausschlaggebend für die Höhe der IV-Renten ist, wie lange die behinderte Person versichert und wie hoch ihr durchschnittliches Einkommen war.

Ende des Anspruchs auf eine IV-Rente

Der Anspruch auf eine IV-Rente erlischt, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Spätestens aber, wenn der IV-Rentner oder die IV-Rentnerin das AHV-Alter erreicht und somit Anspruch auf eine Altersrente hat.